Elliehausen/Holtensen: Verein gegründet

Gegen die Masten mobil machen


Haben Mobilfunkmasten innerorts, nicht aber dem Mobilfunk, den Kampf angesagt. Amrei Schlieper und Harald Wiedemann. Foto: Wenzel

Haben Mobilfunkmasten innerorts, nicht aber dem Mobilfunk, den Kampf angesagt. Amrei Schlieper und Harald Wiedemann. Foto: Wenzel

Mit dem Handy telefonieren, das ist Notwendigkeit, Spaß und ein fester Bestandteil unserer klingeltönenden Kommunikationsgesellschaft. Vier Fünftel der Deutschen telefonieren bereits mobil. Doch wenn’s um die Mobilfunkmasten geht, dann streiten sich die Geister – und zwar heftig. Gemeinsam will ein Verein gegen die Standorte von zwei Mobilfunkmasten vorgehen. Bisher haben sich etwa 50 Bürger zur Interessengemeinschaft Holtensen und Elliehausen für anwohnerfreundlichen Mobilfunk e. V. zusammengeschlossen. Die Initiative könnte viel Zulauf bekommen, denn allein in Göttingen gibt es 76 Mobilfunkmasten – von vier unterschiedlichen Betreibern!

(Göttingen / bb) Wie wirken sich die Mobilfunksignale auf den Menschen aus, wenn er sich dauerhaft in unmittelbarer Nähe einer Antenne aufhält? Das kann bisher noch niemand so genau sagen, weil Langzeitstudien fehlen. Anwohner klagen häufig über Schlafmangel! Ist das Zufall? In der Schweiz, die Eidgenossen sind vorsichtig, da sind jedenfalls die Grenzwerte für den Mobilfunkbereich um den Faktor zehn höher als hierzulande.

In Elliehausen wurde eine Mobilfunkantenne auf einer Scheune platziert. Das gefiel vielen Anwohnern überhaupt nicht, der EXTRA TIP berichtete. Sie befürchten, dass durch die Strahlung der Antenne (drei Mal UMTS) ihre Gesundheit gefährdet ist. Der Protest blieb erfolglos, obwohl auch Ausweichstandorte genannt werden konnten. Die Antenne ist installiert und sendet fleißig ihre Signale!
Ähnliches Spiel auch in Holtensen in der Lenglerner Straße. Fast in der Ortsmitte wurde eine Mobilfunkantenne errichtet. Auch hier massive Proteste schon vor der Installierung. Doch die Antenne wurde fertiggestellt – ohne Rücksicht auf die Anwohner. In Holtensen hätte, wie in Elliehausen, durchaus die Möglichkeit bestanden, die Antennen nicht mitten im Ort aufzustellen, sondern in Randgebieten. Vermutlich wäre das für die Betreiber aber erheblich teurer geworden. „Wir sind überhaupt nicht gegen den Mobilfunk“, betont die Vorsitzende des neuen Vereins, Amrei Schlieper. „Nur wollen wir solche Mobilfunkanlagen von Wohngebieten und -bereichen fernhalten, um die Gesundheit von Mensch und Tier zu schützen.“ In der Satzung des neuen Vereins ist das Ziel festgeschrieben: Zweck des Vereins ist es, sich für die durch Elektrosmog, insbesondere Mobilfunk, bedrohte öffentliche Gesundheit einzusetzen.
Bisher laufen über die beiden innerorts stehenden Masten „nur“ die Daten von vodafone. Der Verein befürchtet aber, dass auch noch andere Anbieter an diesen Masten selbst oder ebenfalls in zentralen Lagen der Ortschaften weitere Masten aufstellen. „Es sind durchaus gemeinsame Nutzungen unterschiedlicher Netzbetreiber vorgesehen“, berichtet vodafone-Pressesprecherin Tanja Jeanette Vogt. Für ihre Firma stehe immer eine qualitativ hohe Versorgung der Kunden im Mittelpunkt. Gesundheitsrisiken sieht sie keine. „Die Standorte müssen funktechnisch geeignet sein“, so Vogt. Dafür böten sich eben immer hohe Gebäude an.
Mit dem Deutschen Städtetag haben alle Netzbetreiber eine freiwillige Kommunalvereinbarung getroffen. Sie melden den Kommunen, wo denn ein Mobilfunkmast geplant ist. Allerdings nicht den exakten Ort, sondern nur eine Zone. Die Kommunen können dann darauf reagieren. Richtig schwierig wird es, wenn der Mobilfunkmast in einem so genannten Mischgebiet mit Gewerbe- und Wohnbebauung aufgestellt wird – wie in Holtensen. Denn aus reinen Wohngebieten werden die Masten so weit wie möglich verbannt. Gibt es allerdings irgendwo eine Gewerbeimmobilie, dann schlagen die Mobilfunkbetreiber schnell zu. Die Kommune hat darauf keinerlei Einfluss mehr. Die Besitzer von Häusern, die mit der Antenne ausgerüstet werden, sind nicht undankbar, gibt es doch von den Mobilfunkbetreibern ein stattliches Salär. Genehmigt werden muss nur ein Elektronikraum, nicht die Antenne, wenn die das Haus nicht weiter als zehn Meter überragt.
Einen solchen Mobilfunkmast wieder aus dem Ort wegzubekommen, dass wird sehr schwierig. „Bei einer Veränderung von einer ‘Hausantenne’ ist mit Kosten im mittleren fünfstelligem Bereich zu rechnen“, so Vogt, ein ganz neuer Mast, außerhalb von Ortschaften, der würde über 100 000 Euro kosten. „Allerdings sind das Richtwerte, wir haben noch nie einen Mobilfunkmast versetzt.“ Zudem gäbe es ja überall auch langjährige Mietverträge. Insgesamt 76 Mobilfunkmasten verteilen sich auf das Göttinger Stadtgebiet. Betrieben werden sie von T-Mobile, vodafone, E-Plus und VIAG/Interkom/O2 – zwei der stärksten Sender befinden sich auf dem neuen Rathaus und dem Landkreishaus. Durch eine Koordinierung der Netze auf weniger und größere Masten hätte die Zahl der Problemfälle vermutlich verringert werden können. Doch der Staat hat mit UMTS viel verdient und wollte und will den Wettbewerb in Sachen mobiler Kommunikation weiter fördern.
Mehr über die Belastung wissen, das will der Fachdienst Umwelt der Stadt Göttingen. Niedersachsenweit wird es in 24 Städten eine Untersuchung von Mobilfunkstandorten geben. In Göttingen sollen die Standorte Lenglerner Straße (Holtensen!), Auf der Lieth (Nikolausberg) und Kesperhof vermessen werden, verspricht Umwelt-Fachdienstleiterin Gudrun Friedrich-Braun.

Mehr über den Verein gibt es unter http://www.iamev.de